Digitale Fernerkundung
5 Literatur
Version 2.1, 2017
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1.2 Was ist Fernerkundung?

Definitionen oben
Fernerkundung ist aufgrund ihrer Vielfalt und Komplexität zu einem selbständige Wissenschaftszweig geworden. (vgl. Kap. 1.1), welche durch berührungsfreie Messtechniken (Kappas, 1994) Informationen über (Geo-) Objekte zu generieren versucht (engl.: remote sensing). Ein wesentlicher methodischer Bestandteil der Wissenschaft ist die Visualisierung bzw. Analyse der Raumdaten mittels (Bild-) Verarbeitung. Somit sind die Hauptelemente der Fernerkundung wie folgt definiert:

Fernerkundung = berührungsfreie Datenerfassung + Datenanalyse (Visualisierung) + Interpretation

Abhängig von der jeweiligen Geodisziplin werden unterschiedliche physikalische Feldgrößen durch die Fernerkundung erfaßt. Grundsätzlich handelt es sich immer um die Messung der Veränderung von Energiefeldern.

Die am häufigsten gemessenen Veränderungen beziehen sich auf:

- Druckfelder (z.B. Meteorologie, Klimatologie)
- Schwerefelder (z.B. Geophysik, Planetologie)
- elektrostatische Felder (z.B. Geophysik, Planetologie)
- elektromagnetische Felder (z.B. Geologie, Geophysik, Planetologie, Oekologie, Klimatologie, Geographie i.w.S.)

Die Variationen können vom Sensor physikalisch gemessen werden, wobei folgende vier Auflösungsdimensionen eine wichtige Rolle für die Interpretation von Fernerkundungsdaten spielen:

- zeitlich (Variationen, z.B. Herbst/Frühling)
- räumlich (Variationen, z.B. m/Pixel, d.h. Größenveränderung)
- radiometrisch (Datentiefen, z.B. 8 bit, 16 bit etc.)
- spektral (Wellenlängen, z.B. VIS und IR)

Variationen oben
Am deutlichsten werden diese Variationsarten am Beispiel der natürlichen Strahlungsquelle 'Sonne' im Wechselspiel mit messbarer Oberflächenreflexion von Objekten (elektromagnetische Strahlung). Spektrale Variationen am Geo-Objekt können nicht nur durch die Objektbeschaffenheit, sondern auch durch die unterschiedlichen Wechselwirkungen des einfallenden Lichtes mit dem Erdoberflächensegment (z.B. Beleuchtungswinkel) entstehen. Hierbei steuern Frequenz bzw. Wellenlänge die Intensität der Strahlung (vgl. Kap. 2.1). Somit kommt es folglich auch zu einer raumbezogenen Variation der Reflexionsintensität im jeweils betrachteten Bodensegment.

Die digital gemessene Reflexion kann radiometrisch in unterschiedliche Datentiefen aufgelöst werden (z.B. 8 bit =2 exp.8 = 256 mögliche Farb-/Graustufen oder 11bit, 16bit, 32bit...). Zeitliche Veränderungen werden dann wichtig, wenn ein spezielles Gebiet unter konstantem Blickwinkel, aber zu unterschiedlichen Zeiten betrachtet werden soll ('Monitoring', Abb. 1.2.1).

Abb. 1.2.1: Das Nordende der Ostseeinsel Hiddensee mit der dynamischen Halbinsel Bessin im E. Das Kartenwerk stammt von 1928, die Fernerkundungsdaten (KVR-1000) von 1989.

Zeitliche Variationen werden im einfachsten Fall auch direkt durch das Fernerkundungssystem 'Auge' des Menschen aufgenommen. Dieses ist sensibel gegenüber dem VIS-Bereich des Spektrums ( Lichtintensität bzw. Wellenlänge) der Sonnenstrahlung (RGB-Mischfarben): Betrachten wir zu einem gegebenen Zeitpunkt t1 (z.B. Sommer) ein bestimmtes Objekt (z.B. Laubbaum) und wiederholen dies zu einem zweiten Zeitpunkt t2 (z.B. Herbst) noch einmal (Abb. 1.2.2), erkennen wir Veränderungen in der Farbe der Blätter aufgrund vegetativ-zeitlich bedingter Prozesse mit spektralen Folgen. Wir deuten diese Beobachtung also zeitabhängig (z.B. als variierende Vitalitätsphasen der Pflanze).

Abb. 1.2.2: Wechsel des Landschaftsbildes mit den Jahreszeiten (panchromatisch VIS, modifiziert nach Albertz, 1991). Im Frühjahr bzw. Winter (unteres Bild) sind die Laubbäume 'durchsichtig', d.h. Bodenstrukturen sind deutlich zu erkennen (z.B. Wege, Bäche); im Sommer (mittleres Bild) ist das Laubwerk voll entwickelt. Nadel- und Laubbäume sind kaum voneinander zu unterscheiden; Bodenstrukturen verschwinden und die umliegenden Felder zeigen einen unterschiedlichen Nutzungstyp. Im Herbst (oberes Bild) verfärben sich die Baumkronen je nach Standort und Art; eine Differenzierung scheint sogar panchromatisch möglich! Acker und Weideflächen verhalten sich spektral ähnlich.

Visualisierung oben
Messtechnisch lassen sich weitere physikalische Parameter erfassen (z.B. über spezielle Kamerasysteme, Multispektral-, Hyperspektral-Scanner, Gravimeter, Lidar, usw.) und die gemessene Veränderung der Kraftfelder in digitale (numerische) oder analoge bildhafte Form bringen. Beide Formen können anschließend durch analog/digital Wandler (A/D Wandler) von einem Aufnahmetyp in den Anderen überführt werden - dies spielt z.B. bei der Betrachung historischen Materials eine Rolle!

Die Datenvisualisierung erfolgt fast immer Bildhaft (analog auf einem Blatt Papier/Photo oder digital auf dem Bildschirm/Drucker/Plotter eines Computers). In derartigen Bildern ist eine Fülle von Informationen über das abgebildete Bodensegment/Gelände gespeichert, die für viele Bereiche der Geowissenschaften von großem Wert, kartographisch darstellbar aber auch datenbanktechnisch (GIS) direkt nutzbar sind. Zusätzlich ist es möglich aus den direkten Eigenschaften von Objekten auch indirekt ableitbare Rückschlüsse auf nicht direkt Erkennbares zu ziehen (z.B. von Morphologie und Vegetationsformen auf mögliche Bodenarten): Es werden also rasterbasierte Attributwerte (Entitäten, Features, Klassen im GIS usw.) ermittelt.

Merke: Die erfolgreiche Interpretation von Fernerkundungsdaten setzt voraus, daß der/die BearbeiterIn die notwendigen Sachkenntnisse hinsichtlich der Geo-Objekte und ihrer richtigen Interpretation/Klassifikation mitbringt. Dies kann die Anwendungsdisziplin selbst betreffen (Forstwirtschaft, Ökologie, Planungswesen, Exploration...) und/oder die Region (räumliche Hintergrundinformation). Darüber hinaus sind geoinformatische Kenntnisse über die Entstehung, Verarbeitung und Eigenschaften der rekombinierbaren Daten erforderlich um eine Optimierung der Informationstiefe und ein Maximum an Interpretations- bzw. Klassifikationssicherheit zu ereichen!

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