2.3 Signale und Codes



Sendefrequenzen

Für das Verständnis der Funktionsweise einer Abstandsmessug zwischen Bodensegment (GPS) und Weltraumsegment (Satelliten) ist die Kenntnis der Signalstrukturen im Global Positioning System wichtig. Jeder der momentan 32 Satelliten sendet Navigationssignale (codes) , Navigations- sowie Systemdaten (messages) aus. Die Informationen werden auf zwei Sende- oder Trägerfrequenzen, den sogenannten PRN-Sequenzen (Pseudo-Random-Noise) aufmoduliert (Abb. 2.3.1)

Abb. 2.3.1: Phasenmodulation der GPS-Signale (Brinkkötter-Runde, 1995)

Die Satelliten senden auf zwei recht hohen Frequenzen, und zwar auf der Trägerfrequenz L1 = 1575,42 MHz und L2 = 1227,60 MHz. Beide Frequenzen lassen sich aus der durch den Satellitenoszillator generierten Grundfrequenz von L0 = 10,23 MHz (λ = 29,3m) durch Multiplikation ableiten.

Der Frequenzbereich des GPS-Systems liegt im sog. L-Band, das sich von 1-2 GHz erstreckt und damit im Gegensatz zur Ultra-Kurz-Welle (UKW: 30-300 MHz) im Mittelwellenbreich liegt (Zentimeterwelle). Als Multiplikatoren gelten für L1 = 154 x L0 und für L2 = 120 x L0 (entsprechend 1575, 42 MHZ bei  λ = 19,05 cm bzw. 1227,60 MHz bei  λ = 24,45 cm).

Für die Wahl von Frequenzen im L-Band sprechen nach Hartl & Thiel (1984) folgende fünf Gründe:

  • Frequenzen über 2 GHz machen den Einsatz von Richtantennen in der Empfangseinheit (GPS) erforderlich
  • Die gleichzeitige Auswertung von zwei Trägerfrequenzen mit einem Wellenlängenabstand von etwa 20% ermöglicht die Erfassung des Verzögerungsverhalten in der Ionosphäre (Störungskorrekturen werden möglich)
  • Ionosphärische Verzögerungen liegen in Bereichen  <100 MHz und >10 GHz enorm hoch; die gewählten GPS-Frequenzen stellen also einen Kompromiss dar
  • Elektromagnetische Wellen weichen in ihrer Ausbreitungsgeschwindigkeit um so stärker von der Lichtgeschwindigkeit ab, je kleiner ihre Frequenz ist
  • PRN-Codes benötigen eine große Bandbreiten für die Code-Modulierung auf die Trägerfrequenz (C/A-Code 2 MHz, P-Code 20 MHz)


Codemodulation

Die oben beschriebenen Trägerfrequenzen werden zum Zwecke des Informationstransportes mit einer Folge positiver und negativer Impulse, einem sog. Code moduliert. Da die Folge der negativen und positiven Impulse beliebig gewählt werden kann, spricht man auch von einem quasi-zufälligen Signal oder dem PRN-Code (s.o.). Die Frequenz L1 trägt dabei den C/A-Code (Coarse Acquisition) und den P-Code (Precise), L2 nur den P-Code! Nicht autorisierte (i.R. nicht militärische) Benutzer haben nur Zugang zum C/A-Code oder dem Standard Positioning Service (SPS) , nicht zum PPS (Precise Pos. Syst.).

An dieser Stelle soll der C/A-Code genauer betrachtet werden. Es handelt sich bei dem ca. 1000 Mikrosekunden langen Code um einen bipolaren Code (d.h. mit positiven und negativen Amplituden mit den Werten +1 oder -1; bzw. auch NRZ-Code =  Non Return Zero).

In Abbildung 2.3.2 ist ein Auschnitt des C/A-Codes wiedergegeben:

Abb. 2.3.2: Binäre Signale und das GPS-Signal (Mansfeld, 1998)

Die Impulse sind binäre Zeichen (z.B. Bits); ihre determinierte Folge wird als Code bezeichnet. Eine spezielle Art der determinierten Impulsfolgen sind die Pseudozufallsfolgen mit einer verhältnismäßig großen Länge. Da eine scheinbar statistische Verteilung der Impulse vorliegt, welche einem Rauschen gleicht, spricht man auch vom PRN-Code (s.o). Tatsächlich unterliegt die Impulsfolge einer Regel, wie z.B. einem algebraischen Polynom, der zur Entschlüsselung benötigt wird und den Empfangseinheiten bekannt ist.

Der C/A-Code enthält etwa 1000 positive und negative Impulse (Bits) von je einer Mikrosekunde Dauer. Die vollständige Codelänge beträgt so etwa 300 km (0,001 [I] x 300.000 km/s [c]). In einer Sekunde wird so der C/A-Code 1000 mal gesendet (oder 1000 x 1000 Bit)!  Zusätzlich wird eine Navigationsnachricht mit 50 Bit/s der Frequenz aufmoduliert was bei einer Gesamtlänge der Nachricht von 1500 Bit zu einem Übermittlungszeitraum von 30 Sekunden führt.  Der gesamte 1500 Bit Datenblock wird auch als Frame ('Rahmen') bezeichnet. Ein Rahmen ist in fünf Unterrahmen (subframes) zu je zehn Worten a 30 bit aufgeteilt. Jeder Unterrahmen beginnt mit zwei Spezialworten:

  • Telemetry Word (TLM), mit Auskunft über Bahnkorrekturen der Satelliten
  • Hand Over Word (HOW), übermittelt den Zeit-Count, der alle 1,5 Sekunden den Beginn eines Datensatzes in Bezug zur GPS-Zeit festlegt (Abb. 2.3.3)

Abb. 2.3.3: Generelle Struktur der GPS-Navigationsdaten (Brinkkötter-Runde, 1995)

Ein Frame kann in Bezug zu seinem Inhalt in drei Blöcke gegliedert werden: Der erste Block entspricht dem ersten Subframe und gibt Informationen über Zustand des Satelliten (Health) , Alter der Uhrendaten (Age of Data Clock = AODC), Parameter zur Berechnung des Uhrenfehlers und die GPS-Wochenummer an den Empfänger weiter. Block Zwei umfaßt Subframe 2-3 und enthält die Parameter zur Berechnung der Ephemeriden und Korrekturparameter zur ionossphärischen Laufzeitverzögerung. Der letzte Datenblock beinhaltet Unterrahmen 4 und 5 mit den sogenannten Almanachdaten, die in vereinfachter Form Informationen über die Bahnparameter aller Satelliten, deren technischen Zustand, ihre momentane Konfiguration, Identifikationsnummer u.ä. beinhalten.

Die ersten drei Subframes werden alle 30 Sekunden aktualisiert. Der Almanach benötigt für eine vollständige Übertragung weitere fünzig Subframes. Die Übertragung dauert demnach 12,5 Minuten! Zur Funktionsfähigkeit eines neuen GPS muß wenigstens einmal der komplette Almanach für den Untersuchungsraum übertragen worden sein (hier z.B. die primäre Initialisierung des Empfängers, auch bei globalem Standortwechsel!).

Wie oben bereits erwähnt,  beinhaltet L1 neben dem C/A- auch den P-Code (L2 ausschließlich!), der in seiner Funktionalität ähnlich angelegt ist, wie der C/A-Code (Abb. 2.3.4). Seine Codelänge und Übertragungsdauer ist aufgrund der detaillierten Information um ein Vielfaches länger als der C/A-Code: Er benötigt theoretisch 267 (!) Tage für eine vollständige Übermittlung, wobei in der Praxis jedoch nur ein siebentägiges Fragment pro Satellit ausgesandt wird. Wie detailliert hier die Information ist, wird deutlich, wenn man sich zusätzlich vor Augen führt, daß ein Bit nur 0,1 Mikrosekunden zur Übertragung im P-Code benötigt!

Abb. 2.3.4: Vergleich der P- und C/A-Signal-Charakteristik (Brinkkötter-Runde, 1995)

Codebeeinflußung (Sicherheit)

Das DOD hat seit der Freigabe des GPS-Systems für die zivile Nutzung darauf hingewiesen, daß aus Gründen der Sicherheit der USA die im System verfügbare hohe Genauigkeit nur den Militärs zur Verfügung steht; für alle anderen Nutzer wird die Genauigkeit der Positionierung durch gewollte Manipulationen reduziert (so z.B durch die SA!), (Mansfeld, 1998) . Ob zukünftig eine Änderung hinsichtlich des Code-Angebotes politisch durchgesetzt wird ist noch fraglich. Bisher wurde bereits aus gründen der Ökonomie die SA-Beeinträchtigung der Code-Verfügbarkeit abgestellt (seit 01.05.2000).

Die Reduzierung der Genauigkeit wurde im zivilen Bereich (C/A-Code) durch die sog. Selective Availability (SA), einer Verfälschung des Empfangssignals erreicht. Genau genommen wird die Navigationsmitteilung der Satelliten (Ephemeriden, Uhrzeit, etc.) durch gewollte Schwankungen im Signal verstümmelt. Die Veränderung der Ephemeriden ging unmittelbar als Fehler in die gemessene Pseudo-Entfernung ein; sie wurde unregelmäßig angelegt und war deshalb nicht korregierbar. Das Gleiche gilt nach wie vor für die Uhrzeiten: Sie werden z.T. im Minutenbereich verändert. Viele GPS-Empfänger versuchen jedoch den entstehenden Fehler durch statistische Abschätzungen in seiner Wirkung einzudämmen. P-Codes sind von der SA nicht betroffen! Inwieweit im Krisenfall wieder auf SA zurückgegriffen wird ist unklar, wie es aus den Reaktionen nach den Terroranschlägen des 11.Septembers 2001 deutlich wird:

''GPS in Zeiten des Krieges....
Nach Medienberichten soll die US-Regierung in Folge der Terroranschläge erwägen, die Genauigkeit des Satellitennavigationssystems GPS in einigen Regionen wieder herabzusetzen - was auch Auswirkungen auf die Funktion ziviler GPS-Anwendungen hätte. Dazu solle die "Selective Availability", eine künstliche Verschlechterung des Signals für zivile Nutzer, die am 1. Mai vergangenen Jahres abgeschaltet wurde, wieder eingeführt werden.

Die US-Regierung hat allerdings bereits am 17. September erklärt, dass sie defintiv keine Wiedereinführung der Selective Availability plane. Ein Sprecher der zuständigen US-Behörde Interagency GPS Executive Board begründet das gegenüber heise online damit, dass diese Form der Signalverschlechterung technisch überholt sei und dass die US-Verteidigung inzwischen eine bessere Möglichkeit gefunden habe, in Krisenregionen den Missbrauch des Systems durch gegnerische Truppen und Terroristen zu unterbinden.

Die globale künstliche Verschlechterung des Signals ist dadurch technisch überholt, dass auf dem freien Markt so genannte "Differenzielle GPS-Empfänger" verfügbar sind, die die Genauigkeit geografischer Positionen aus den empfangenen Satellitendaten rechnerisch korrigieren können. Vermutlich werden die USA daher zum so genannten "regional selective denial" - einer selektiven Signalmanipulation einzelner Satelliten beim Überfliegen bestimmter Regionen - greifen.

Aus gut unterrichteten Kreisen verlautet, dass in Folge der Terroranschläge auf die USA zwar zeitweise einzelne Satelliten "zu Wartungszwecken" als unbrauchbar gekennzeichnet sowie Bahn-Daten geändert wurden, "um die Abdeckung im Krisengebiet zu erhöhen". Die Präzision der zivilen Nutzbarkeit des Systems in Europa hat darunter aber bis heute nicht gelitten.

Aber selbst eine tatsächliche Verschlechterung oder sogar ein Ausfall von GPS würde im Zivilbereich keine schlimmen Folgen haben: In der zivilen Luftfahrt werden Satelliten-Navigationssysteme zur Zeit nur als ergänzende Navigationsmittel eingesetzt, betont Peter Nordhaus, Leiter der Elektronikabteilung der Badener Firma DLE - Luftfahrtservice GmbH im Gespräch mit heise online: "Weder die Integrität der Signale noch die Warnzeiten bei Systemausfall genügen den Kriterien der zivilen Luftfahrt. Im Präzisions-Anflug liegt die Positions-Sicherheit im Meter-Bereich mit Warnzeiten von einer Sekunde. Und das kann auch mit zukünftigen satellitengestützten Systemen vorläufig nicht erreicht werden. Dazu wäre die Einführung neuer Techniken notwendig."

Die heutigen Navigationssysteme für Autos verlassen sich auf GPS lediglich zur Kalibrierung, da das Satellitensignal in den Straßenschluchten der Städte ohnehin nicht flächendeckend zur Verfügung steht. Die Hauptorientierung ziehen diese Systeme meist aus einem Kreiselsensor und Radsensoren, mit deren Hilfe sich Strecke und Richtung bestimmen lassen.

Lediglich die Schifffahrt hat in den letzten Jahren eine größere Abhängigkeit von GPS entwickelt, aber auch dort verlässt man sich nie ausschließlich auf GPS-gestützte Systeme, so ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums zu heise online: "Wenn es durch eine Reduzierung der Genauigkeit des GPS-Signals Schwierigkeiten im Schiffsverkehr geben sollte, dann doch nur solche, auf die man sich einstellen kann." (Frank Fremerey) / (wst/c't) ''

Eine weitere Maßnahme schützt das System insgesamt: Das sog. Anti-Spoofing oder auch AS (spoofing = schwindeln) schirmt die L2 -Trägerfrequenz (P-Code) elektronisch gegen Manipulationen feindlicher Kräfte ab. Eine bewußte Veränderung des P-Codes würde zu falschen Entfernungen, und damit zu falschen Positionen führen. Deshalb wird der P-Code zweifach verschlüsselt ausgesandt; er heißt dann P(y)-Code. Eine Entschlüsselung des P(y)-Codes ist nur den autorisierten Nutzern vorbehalten (z.B. der NATO).

© 2009 Dr. Torsten Prinz