2.2 Sichtbarkeit von Satelliten


Für die Positionierung mittels GPS ist die sog. Sichtbarkeit hinreichend vieler (mindestens vier!) Satelliten von großer Bedeutung. Eigentlich sind mit dem Bergiff  'Sichtbarkeit' die maximale Ausdehnung des zu empfangenden Signalkegels (vgl. Abb. 1.3.2 ) gemeint. Als Grundregel gilt immer: Je günstiger die geographischen, topraphischen und morphologischen Rahmenbedingen des Beobachtungsortes in Bezug zum Strahlungskegel der Satelliten, desto besser der Empfang und die Qualität des zur Berechnung der Position notwendigen Signals. Maßgeblich ist die 'quasioptische' Sichtverbindung zu den Trabanten!

Satellitenkonstellationen

Aus der komplexen Bahnverteilung aller GPS-Satelliten (sechs Orbits!) lassen sich auf Anhieb nicht die Sichtbarkeitsverhältnisse vom Beobachter zu den einzelnen Trabanten klären. Steht ein Satellit direkt über dem Beobachter im All (also im Zenit), befindet sich man sich momentan direkt auf dem sog. Subsatellitenpunkt (Abb. 2.2.1).

Abb. 2.2.1: Die Verbindungsstrecke Satellit-Erdmittelpunkt durchstößt die Erdoberfläche am Nadir- oder Subsatellitenpunkt ; die Ausdehnung des Signalkegels ist maßstabsgerecht (kreisförmige Standlinie!) (Krumm, 1997)

Wer kann nun neben dem/r Beobachter/in am Subsattelitenpunkt diesen Trabanten (z.B. Sat.-Nr. 21) noch betrachten? Grundsetzlich jeder, der innerhalb des Ausleuchtungsbereiches zum selben Zeitpunkt seinen Standort hat. Im obigen Fall stand der Satellit zur einer gegeben Zeit (z.B. 3.00 UTC) direkt überZentralafrika (dies entspräche 4.00 MEZ). Betrachtet man nun die max. Signalausbreitung (Abb. 2.2.2) in der Mercator-Projektion wird deutlich, daß zu diesem Zeitpunkt eine theoretische Empfangsmöglichkeit für GPS-Sat.-Nr. 21 von Thailand über Brasilien bis nach Grönland und Sibirien bestand!

Abb. 2.2.2: Das Empfangsgebiet des GPS-Satelliten Nr. 21 am 14. Dez. 1993 um 3.00 UTC in der Mercator-Projektion (Krumm, 1997)

Der sphärische Radius des Signalkegels beträgt etwa 8200 km, wobei die am Rande der Kugelsphäre befindlichen Beobachter mit den stärksten Qualitätseinbußen hinsichtlich des Empfanges rechnen müßen, da das Signal unter zunehmend flacher werdenden Winkeln zum GPS-Empfänger gelangt. Für die Beobachter am Rande der Signalsphäre stände der Satellit genau in der in der Kimm (d.h. am Horizont = 0° Azimutalhöhe). Für einen ausreichenden Empfang sollten jedoch mindestens 15° über dem Horizont angepeilt werden!

Da zu einer exakten Positionierung mindestens vier GPS-Satelliten verfügbar sein müssen, kann nur die Berücksichtigung aller verfügbaren Subsatellitenpunkte und -bahnen dem Empfänger die nötige Informationsdichte liefern. In Abbildung 2.2.3 sind die Satellitenbahnen aller 26 im Dezember 1993 verfügbaren GPS-Satelliten zwischen 3.00 UTC (schwarzes Quadrat) und 4.00 UTC (schwarzer Punkt) in der Mercator-Projektion abgebildet. Die relative Satellitendichte veranschaulicht, daß unter Normalbedingungen überall auf der Erde eine hinreichend günstige Konstellation von GPS-Satelliten mit sich überschneidenden Signalkegeln und günstiger Azimutalhöhe ( = Winkel zum Horizont) abgegriffen werden konnte.

Abb. 2.2.3: Subsatellitenbahnen aller 26 im Dez. 1993 verfügbaren GPS-Satelliten, bezogen auf den Zeitraum zwischen 3.00 (Punkt) und 4.00 (Quadrat) UTC (Krumm, 1997)

Verfügbarkeit und Signalstärke

Die Verfügbarkeit und Signalstärke einzelner Satelliten wird dem Beobachter meist über die Empfänger-Software automatisch in graphischer Form dargeboten. Somit wird dem Nutzer sofort eine Möglichkeit zur Einschätzung der Qualität des Signals und den lokalen Empfangsbedingungen gegeben. Üblicherweise geschieht dies über
a) eine sphärische Azimutalprojektion der Satellitenstandorte (Abb. 2.2.4)
b) einem Balkendiagramm hinsichtlich der symbolhaften Feldstärke des Signals (Abb. 2.2.5).

Abb. 2.2.4: Azimutalprojektion der Satellitenkonstellation über dem AVZ, Robert-Koch-Str. 28 vom 24.10.98 um 12.00 MEZ. Empfangen wurden Sat.-Nr. 4, 13, 18, 19 und 24. Im NE-Sektor konnten keine Satelliten empfangen werden, da hier totale Abschattungsverhälnisse vorherrschten (Interface: FUGAWI)

Abb. 2.2.5: Signalstärke-Diagramm einer ungünstigen GPS-Satellitenkonstellation am gleichen Ort wie in Abb. 2.2.4, jedoch drei Stunden später. Eine Positionsberechnung ist nicht möglich! (Interface: GISPAD 2.0 )

Da sich die Satelliten in ihrem Orbit ständig über der Erde in Bewegung befinden und der Globus selbst eine Eigenrotation ausübt, verändern sich die Konstellationsverhältnisse für den Betrachter laufend. Bezogen auf einen ortsfesten Standpunkt kann erst nach 24 Stunden mit einer annähernd gleichartigen Konstellation von Satelliten gerechnet werden, da sich die Erde bis dahin einmal um ihre Achse gedreht hat und die Satelliten zwei volle Orbitalumläufe hinter sich gebracht haben.

Einige GPS-Hersteller bieten deshalb als Online-Service eine interaktive Konstellationsabfrage bzgl. der GPS-Satelliten für jeden Ort der Erde in Echtzeit an (Abb. 2.2.6). Auch viele GPS-Softwares verfügen über Planungswerkzeuge zur Satelliten-Konstellationsberechnung bzw. zur Errechnung von Sichtbarkeiten auf der Basis der Ephemeridendaten.
Versuchen Sie es doch selbst einmal mit Ihren Positionskoordinaten, z.B. dem Hörsaal:
N 51°57'41" / E 7°36'31"

Abb. 2.2.5: Signalstärke-Diagramm einer ungünstigen GPS-Satellitenkonstellation am gleichen Ort wie in Abb. 2.2.4, jedoch drei Stunden später. Eine Positionsberechnung ist nicht möglich! (Interface: GISPAD 2.0)

Zusätzlich läßt sich für einen bestimmten Zeitraum und Ort die Anzahl der zur Verfügung stehenden GPS-Satelliten vorausberechnen. In Abbildung 2.2.7 wurde dies für einen Zeitraum zwischen 6.00 und 8.00 UTC am 7.10.98 bzgl. aller Satelliten mit einer Azimutalhöhe >15°  im Bereich des NW' Münsterlandes durchgeführt.




Abb. 2.2.7: GPS-Total-Availability für den Zeitraum 6.00 bis 8.00 GMT mit mehr als 15° Azimutalhöhe über dem NW' Münsterland (TRIMBLE)

Lokale Einflüsse

Außerhalb der technischen Rahmenbedingungen gibt es in der Praxis eine Vielzahl von meist topographischen bzw. morphologischen Bedingungen, die einen guten (D)GPS-Empfang behindern oder z.T. völlig vereiteln können. Hier sollen einige wichtige Standortparameter/Grundregeln genannt werden, auf die während des Geländeeinsatzes von GPS-Anlagen bzgl. des Empfanges geachtet werden sollte:

  • optimale Empfangsbedingungen sind auf 'freiem Feld' mit geringem Relief zu erwarten
  • unter (belaubten, dicht stehenden) Bäumen ist bereits mit einer Beeinträchtigung der Signalstärke zu rechnen
  • im Gebirge und engen Tälern kann es u.U. bereits zu starken Abschattungserscheinungen von GPS-Satelliten niedriger Azimutalhöhe kommen (dies gilt auch für hohe Gebäudefronten und Häuserschluchten)
  • Im DGPS-Betrieb muß neben dem GPS-Signal auch das Korrektursignal sauber, d.h. ohne Abschattung und Schwächung empfangen werden können (z.B. immer vergewissern, daß man sich innerhalb der Sendereichweite des Korrektursenders befindet, seine Qualität überprüfen, die Geländemorphologie berücksichtigen!)
  • große metallische Häuser- oder Konstruktionsbauteile können zu Echoeffekten und damit zur Signalverzerrung führen
  • bei mobilen GPS-Einheiten mit Außenantenne ist bei Unwetter der Betrieb einzustellen (Blitzschlag, statische Störungen!), insbesondere auf freiem Feld!
  • die unmittelbare Nähe großer Sender (z.B. Militärsender) und Hochspannungen meiden!
  • bei einem Hand-GPS kann bereits die ausgestreckte Armhaltung zur Verbesserung der Empfangsbedingungen beitragen
  • grundsätzlich Phasen günstiger Konstellationen abwarten und nutzen (Satellitenbewegung!)
  • bei Fahrzeugen sollten die GPS-Antennen möglichst hoch und freistehend, aber dennoch geschüzt angebracht werden

Insgesamt sollten (wenn möglich) zur GPS-Positionierung Standorte mit ungehindertem Blick in alle Himmelsrichtungen und zum Zenit gewählt werden. Grundsätzlich sollte der Beobachtungswinkel zwischen dem jeweiligen Ort und dem gerade angepeilten Satelliten größer (i.R. > 15°) als der sog. Minimalerhebungswinkel sein (Abb. 2.2.8).

Abb. 2.2.8: Minimaler Erhebungswinkel eines Satelliten unter Berücksichtigung der Topographie und in Bezug zur Horizontalebene eine Beobachtugspunktes; i.R. gilt >15° als ausreichend (Mansfeld, 1998)

© 2009 Dr. Torsten Prinz