3.1 Universelle Systeme
Für die Positionsbestimmung mittels GPS spielt die Zeit eine grundlegende Rolle als
Meßgröße! Bei der Beobachtung der Satellitenbewegungen für die GPS-Datenauswertung
unterscheiden wir vier wichtige, grundsätzliche Zeitsysteme:
- Sternzeit und Weltzeit
Beide werden aus der Erdrotation abgeleitet. Die zeitabhängige Position der Erde dient der Verknüpfung von irdischen Beobachtungen innerhalb eines raumfesten Bezugssystems im Universum.
- Dynamische Zeit
Diese wird aus der Bahnbewegung der Erde inklusive ihrer Trabanten im Weltraum abgeleitet und ist als unabhängige Variable ein streng gleichförmiges Zeitmaß, welches auch zur Definition von Satellitenbewegungen herangezogen wird.
- Atomzeit
Diese ist durch atomphysikalische Abläufe definiert, bildet eine absolute Richtgröße und findet auch bei der Bestimmung von Entfernungen mit sehr hoher Genauigkeit (Signallaufzeiten!) in Satellitenortungssystemen wie GPS Anwendung.
- Koordinierte Weltzeit
Sie dient als Basis lokaler Zeitrechnung (Universal Time Coordinated = UTC) .
Die oben aufgezeigten unterschiedlichen Systeme beruhen auf der Beobachtung periodisch wiederkehrender astronomischer
bzw. physikalischer Erscheinungen (Mansfeld, 1998) . Als Zeitmaß
für die betreffenden Zeitskalen dient die Sekunde, mit der man die zeitlichen
Abstände der Erscheinungen mißt. Insgesamt wird die irdische
Zeitmessung durch 45 Meßstationen mit gleichmäßiger Verteilung auf der Erde erfasst, verglichen
und koordiniert.
In Abbildung 3.1.1 ist der Zusammenhang zwischen Zeit- und Ortsabweichung in Bezug zur Satellitenbewegung dargestellt.
Abb. 3.1.1: Zusammenhang zwischen Zeit- und Ortsabweichung hinsichtlich der Bahnbewegung von Satelliten (Mansfeld, 1998)
Für eine Entfernungsabweichung von ca. 1cm an unterschiedlichen Orten gilt deshalb:
- Die Bewegung eines Punktes auf dem Äquator um 1cm infolge der Erdrotation entspricht einer Zeitabweichung (-intervall) von Δt 1 = 2 x 10 -5 s
- Die Abweichung eines Satelliten in der Bahnbewegung von 1cm entspricht einer Zeitabweichung (-intervall) von Δt 2 = 2 x 10 -6 s
- Die Abweichung der radialen Entfernung des Satelliten von 1cm bei der Messung der Signallaufzeiten zwischen dem irdischen Beobachtungsort und dem Trabanten entspricht einer Zeitabweichung (-intervall) von Δt 3 = 2 x 10 -10> s
Stern- und Weltzeit
Stern- und Weltzeit sind in ihrem Ursprung einander äquivalent, da beide von der Erdrotation abgeleitet werden (Mansfeld, 1998) , wobei der Meridiandurchgang eines Fixsterns ( Frühlingspunkt am 21. März ) zugrunde gelegt wird. Hier überschreitet die Sonne auf ihrer scheinbaren Bahn den Himmelsäquator von Süden nach Norden (Schnittpunkt der Ekliptik mit dem Himmelsäquator). Der Stundenwinkel ist damit abhängig von der geographischen Länge des Beobachtungsortes, wobei die wahre lokale Sternzeit von der mittleren lokalen Sternzeit (d.h. ohne Berücksichtigung der Nutation ) zu unterscheiden ist. Die Sternzeit findet überwiegend in der Astronomie Anwendung.
In der Satellitentechnik wird ein Zeitmaß benötigt, welches mit dem Lauf der Sonne verknüpft ist. Da die Sonne jedoch im Jahresverlauf unterschiedliche Stände aufweist, wird von einem mittleren Sonnenstand ausgegangen (mittlerer Stundenwinkel). Ein mittlerer Sonnentag ist das Intervall zwischen zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen der mittleren Sonne durch den Meridian. Die mittlere Sonnenzeit läßt sich dann als Stundenwinkel der mittleren Sonne bestimmen. Als Weltzeit ist somit der Greenwich Stundenwinkel der mittleren Sonne definiert (UT = Universal Time)! Fließt eine Korrektur in die Berechnung von UT ein, welche lokal durch die Nutation erforderlich wird, spricht man von UT1 (bezogen auf die mittlere Schwankung der Erdachse)! Aus praktischen Gründen wurde international vereinbart, den Tagesbeginn auf Mitternacht zu legen; damit verschiebt sich der UT-Zeitbeginn um 12 h, was bedeutet, daß UT = Greenwich mittlerer Stundewinkel (Mittag!) +/- 12 h ist!
Die Weltzeit kann somit als spezielle Form der Sternzeit betrachtet werden, da beide den gleichen Ursprung haben; lediglich die Tageslängen unterscheiden sich um etwa 4' vom mittleren Sternentag.
Als lokale Normalzeit werden die notwendigen Anpassungen an UT für jeden Ort der Erde bezeichnet (z.B. Mittlere Europäische Zeit = MEZ ). Die Erde wird deshalb in 24 Zeitzonen unterteilt ( weitere Info's gibt es zur Zeit hier … )
Abb. 3.1.2: Die Zeitzonen der Erde in Bezug zur MEZ=mitteleuropäische Zeit (Mircosoft Encarta)
Atomzeit
Für die Bereitstellung einer universellen, 'absoluten' Zeitskala, welche den vielfältigen Ansprüchen der physikalischen Praxis entspricht und gleichzeitig auch für die GPS-Positionierung von Bedeutung ist, wurde die internationale Atomzeitskala (Temps Atomique International = TAI) eingeführt. In ihr ist die Sekunde das 9,192631770 x 10 9 -fache der Periodendauer des Strukturüberganges unter Strahlungsfreisetzung im Nuklid133 Cs!
Die so definierte Zeit ist damit Bestandteil des SI-Systems (System International d'Unites). Die Atomzeit wurde so festgelegt, daß ihr Startpunkt am 01.01.1958 um 00.00 Uhr mit der von UT1 übereinstimmt. Aufgrund der laufend verzögerten Erdrotation treten zunehmend Unterschiede gegenüber UT auf (1986 waren dies bereits + 22,7 s!). Atomuhren finden zur genauen Zeitsynchronisation mittels Cs/Rb-Normalen der GPS-Signale in den Satelliten Einsatz!
Koordinierte Weltzeit (UTC)
Um in der Praxis eine Zeitskala verfügbar zu machen, welche sich an der universellen Atomzeit orientiert und gleichzeitig an die Weltzeit UT1 angepaßt ist, wurde international die Koordinierte Weltzeit (Universal Time Coordinated = UTC) eingeführt. Sie unterscheidet sich zu TAI durch die Sekundenzählung, d.h. UTC = TAI - n, wobei n = Sekunden in ganzer Zahl, welche am 1. Januar oder 1. Juni eines Jahres geändert werden kann (Schaltsekunden).
Hinweis: Auf der Erde sind momentan 45 Zeitinstitute (i) gleichmäßig verteilt, die regelmäßig ihre UTC(i) miteinander vergleichen. Für diesen Vergleich nutzen sie GPS-Signale, wobei die Meßdaten von mehr als 300 Uhren an das Internationale Büro für Gewichte und Maße (BIPM) und an das United States Naval Observatory (USNO) gesandt werden. Dort erfolgt ein Vergleich zwischen den UTC(i) mit unterschiedlichen Atomuhren (UTC).
In Deutschland beziehen sich fast alle elektronischen Zeitsignale auf UTC; dies gilt auch für das GPS-Vorläufermodell NAVSTAR/TRANSIT. GPS selbst besitzt jedoch eine eigene Zeitskala, die GPS-Zeit (s.u.). Beide Zeitskalen stimmten am 06.01.1980 um 00.00 Uhr überein! Da in der GPS-Zeit keine Schaltsekunden eingefügt werden, wachsen die Unterschiede zu TAI bzw. UTC ständig an (im Juni 1992 betrugen sie nach Mansfeld (1998) bereits 7 Sekunden!).
GPS-Zeit
Die allgemeine GPS-Systemzeit wird durch eine Wochennummer und die Zahl der Sekunden innerhalb der jeweiligen Woche angegeben(Brinkkötter-Runde, 1995). Anfangsdatum ist Samstag, der 5. Januar 1980 um 0.00 Uhr (UTC). Jede GPS-Woche startet deshalb in der Nacht von Samstag auf Sonntag, wobei eine kontinuierliche Zeitskala, welche durch die Hauptuhr der Master Control Station vorgegeben wird, gewährleistet. Die auftretenden Zeitdifferenzen zwischen GPS- und UTC-Zeit werden ständig errechnet und der Navigationsnachricht beigefügt.
Satelliten-Zeit
Aufgrund konstanter und unregelmäßiger Frequenzfehler der Atom-Ozillatoren in den GPS-Satelliten unterscheidet sich die individuelle Satellitenzeit von der GPS-Systemzeit. Die Satellitenuhren werden von der Kontrollstation überwacht und ggf. korregiert. Verantwortlich sind vor allem folgende Effekte (vgl. spezielle Relativitätstheorie):
- Uhren gehen als Folge ihrer eigenen, relativ zur Erde schnelleren Bewegung im All langsamer als auf der Erdoberfläche
- Uhren gehen aufgrund der geringeren Schwere im All schneller als jene auf der Erdoberfläche
Trotz der sich z.T. wechselseitig aufhebenden Effekte relativer Zeitmessung resultiert eine Zeitdifferenz , die während der lokalen GPS-Messungen berücksichtigt werden muß. Um diesem Phänomen Rechnung zu tragen, werden die Satellitenuhren vor dem Start des Trabanten etwas unterhalb ihres Nominalwertes von 10,23 MHz eingestellt (Kompensation).
Empfänger-Zeit
Im Gegensatz zu den Satelliten sind die GPS-Empfänger baubedingt nur mit Quarzuhren ausgestattet, welche durch ihre hohen Frequenzschwankungen eine genaue Bestimmung von δt erschweren. Die Genauigkeit der Zeitmessung und damit der Signallaufzeiten/Entfernungen ist auf Empfängerseite somit geräteabhängig!