Analysen im thermalen IR (TM-Kanal 6)

Thermale IR-Daten spielen für die geologische Analyse des Cerro Bonete eine Schlüsselrolle, da seit seiner Entdeckung auf MSS-Daten 1981 [1] immer wieder die Frage nach einer möglichen rezenten Aktivität des Vulkans gestellt wurde [2].

Das Spektraltverhalten von Silikaten im Bereich zwischen 8.000 und 12.000 nm wird im wesentlichen von der elektromagnetischen Schwingungsanregung der SiO4-Tetraeder in den Gesteinen verursacht [9]. Diese Absorptionsmerkmale gewinnen im langwelligen Bereich zunehmend an Intensität, so daß silikatreiche Magmatite in Thermalaufnahmen überwiegend dunkel, silikatärmere Magmatite überwiegend hell erscheinen. Innerhalb des VIS ist eine gegensätzliche Beobachtung zu machen: Saure Vulkanite sind oft leukokrat (erwärmen sich unter Sonneneinstrahlung nur gering) während intermediäre oder mafische Vulkanite häufig melanokrat ausgebildet sind (hohes Erwärmungspotential). Die größten Energiemengen, welche in absorbierenden Materialien in emissive Wärmestrahlung umgesetzt wird, stammen zudem aus den Bereichen des VIS und des nahen IR. Mittleres IR wird generell stark absorbiert; lediglich im Bereich um 9.700 nm können materialspezifische Reflektionsmaxima erreicht werden (so gilt: Reflexion + Absorption + Emission = 1). Eine genaue, typspezifische Unterscheidung unterschiedlicher magmatischer Gesteine ist unter dem alleinigen thermalen Gesichtpunkt jedoch kaum möglich [10].

Bei der Untersuchung der linear gestreckten Thermal-Subszene TM-6 (10.400 - 12.500 nm) des Cerro Bonete werden keine lokal gravierenden thermischen 'Hot Spots' innerhalb der Vulkanite abgebildet, welche auf unmittelbare endogene vulkanische Wärmequellen hindeuten (Abb. 9). Eine großdimensionierte rezente Aktivität ist deshalb auszuschließen. Die Wärmeverteilung innerhalb der unterschiedlichen Gesteinseinheiten entspricht (nach einer vorgenommenen Kalibrierung der Grauwerte auf das Temperaturspekrum der Schneedecken: -2 bis 0°C) in etwa den Temperaturen, welche nach einer intensiven Sonnenbestrahlung in der Mittagszeit (Aufnahmezeitpunkt der Szene), je nach spezifischer Dichte (D), Wärmeleitfähigkeit (K), Wärmekapazität (C), Wärmeträgheit (P), und Wärmediffusion (L), erreicht werden können (Tab.5).
 
 

Gestein  D(kg/m3) K(J/m s K) C(J/kg K)[x10-2] P(J/m2s1/2 K)[x10-3] L(m2/s)[x10-6]
Rhyolith 2.600 3,1  6,7  2,2  1,6 
Andesit  2.800 2,1 8,4 2,2  0,9 
Ignimbrit 1.800  1,2 8,4 1,3  0,8 
Schotter  2.100  2,5 8,4 2,1  1,4 
Wasser  1.000  0,5 42,3 1,5  0,1 

Tab. 5: Thermaleigenschaften wahrscheinlicher lithologischen Objektklassen am
Cerro Bonete bei 293 K (modifiziert nach [10]).

Unter Berücksichtigung von Tab. 5 wird die relative Temperaturverteilung in TM-6 verständlich. Als kälteste Flächen treten Schneefelder als schwarzgraue Pixelhaufen auf (DN = 65). Schmelzwasserseen erscheinen dunkel- bis mittelgrau (DN = 80 - 84), der zentrale Katersee jedoch (!) einheitlich mittelgrau (DN = 90 - 93), die Ignimbritdecken mittel- bis hellgrau (DN = 120 - 130) und die andesitischen Vulkanite hellgrau (DN = 130 - 150).

Da das Thermalverhalten neben dem SiO2-Gehalt der Silikate, vor allem von L sowie K und P abbhängt, erwärmen sich die dunklen Andesite am stärksten und verfügen aufgrund ihrer dichten Ausbildung über hohe Wärmekapazitäten. Die porösen hellen Ignimbrite wirken leicht isolierend und erwärmen sich schlechter. Obwohl Schmelzwasser eine hohe Wärmekapazität besitzt, erwärmt es sich doch nur langsam (geringe Wärmeleitfähigkeit); Schneefelder bilden aufgrund ihrer großen Porosität und niedrigen Eigentemperatur ein IR-Emissionsminimum aus.

Auffallend ist die thermale Sonderstellung des zentralen Kratersees, der sich nur aus Schmelzwässern speist und doch um einen 10 DN höheren Grauwert besitzt als die in der Umgebung angesiedelten Seen (Abb. 10). Da sich diese lokale Thermalanomalie nur innerhalb des Kratersees ändert, ist eine schwache, niedertemperierte Fumarolentätigkeit an dessen W-Ufer durchaus denkbar (Abb. 11). Der eindeutige Beweis für eine rezente Restaktivität des Vulkans innerhalb der Caldera kann jedoch nur durch höher auflösende Thermalscanner bzw. Feldarbeiten erbracht werden.

Die absolute Quantifizierung der emittierten Wärmestrahlung (in °C) erfordert eine Vielzahl zusätzlicher Parameter, die nur durch "in situ"-Meßungen ermittelbar sind. Um für den Cerro Bonete jedoch eine Abschätzung der möglichen Temperaturbereiche zu ermöglichen, wurde in der linear gestreckten Thermalsubszene die absolute Temperatur des Schnees zwischen 0° und -2°C angenommen, da in der Mittagssonne auf der Schneeoberfläche (E) Schmelzprozesse einsetzen. Bei einem mittleren Grauwert von DN = 65 und der groben Annäherung 0,5°C etwa 2 DN [10] resultieren so für alle anderen Objektklassen folgende Temperaturbereiche:

(A, B, C) Schmelzwasserseen --> ca. 5 °C
(D) Kratersee --> ca. 12 - 14 °C
(G) Ignimbrite --> ca. 28 - 30 °C
(F) Andesite --> ca. 32 - 35 °C

Diese groben Abschätzungen entsprechen in etwa den Temperaturberechnungen, die bereits 1989 anhand eines älteren TM-Datensatz durch andere Autoren [2] erfolgten. Für die Laguna Caldera Del Inca Pillo ergibt sich so ein Temperaturspektrum, daß sich erheblich von den umgebenden Wasserflächen abhebt. Letztere liegen mit ihren Temperaturen deutlich unter 10°C und zeigen z.T. Resteisflächen, welche in entsprechenden TM-Ratios (R-4/7) herausgearbeitet werden können (Abb. 12). Der abflußlose wärmere Kratersee bleibt jedoch von einer Eisbildung verschont, da die vermutete Fumarolentätigkeit die Wassertemperatur ganzjährig erheblich über dem Gefrierpunkt hält.


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